Gegen Corona soll nur Impfen helfen, das ist grob der aktuelle Kurs in Deutschland. Medikamentöse Behandlungsempfehlungen? Weitgehend Fehlanzeige. Geht sonst noch etwas? Welche herkömmlichen Mittel könnten eingesetzt werden? Öfters werden hier Vitamin D oder Aroniasaft genannt. Was ist dran an diesen Ansätzen?
Zu den Grunderkrankungen, die einen schweren Verlauf bei einer Coronainfektion begünstigen, gehören Diabetes, Herz-Kreislauf-Problematiken, starkes Übergewicht und Bluthochdruck. Eine Studie des Ernährungsmediziners Prof. Dr. Hans-Konrad Biesalski von der Universität Hohenheim hat gezeigt, dass diese Leiden wie auch andere Risikofaktoren für COVID-19 mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel einhergehen. Dessen Erhöhung müsste folglich gegen Corona helfen können.
Größtenteils viel zu wenig Vitamin D, beziehungsweise dessen wirksamste Form D3, bilden die durch Corona besonders angreifbaren älteren Menschen. Über die Nahrung funktioniert die Tagesbedarfsdeckung (laut DGE 20 µg) ansatzweise mit drei Fischarten (Hering 25 µg, Aal 20 µg und Lachs 16 µg pro 100 Gramm). Wer nicht dauernd Meerestiere verspeisen will, muss ins Freie. Denn Vitamin D3 wird primär durch Sonneneinstrahlung in der Haut erzeugt. Ab einem bestimmten Alter funktioniert der Prozess aber nur noch eingeschränkt. Mangelkandidaten sind auch Personen, die kaum draußen sind – Homeoffice lässt grüßen.
Für seine Forschungsarbeit hat Biesalski 30 Studien ausgewertet. Ergebnis: Ein Vitamin-D-Defizit kann Verlauf, Schweregrad und Sterbewahrscheinlichkeit bei einer Coronainfektion negativ beeinflussen. Vitamin D reguliert unter anderem das Renin-Angiotensin-System (RAS), das vor allem für den Blutdruck wichtig ist. Im Falle einer Infektion kann es dafür sorgen, dass Immunsystem und RAS nicht aus dem Ruder laufen. Ansonsten könnten pro-entzündliche gegenüber anti-entzündlichen Prozessen die Oberhand gewinnen. „Die Folge sind gravierende Veränderungen in den Lungenbläschen, die zu einer schweren Komplikation der COVID-19-Erkrankung führen, dem sogenannten Akuten Atemnotsyndrom“, führt Biesalski an. Bei Verdacht auf eine Coronainfektion sollte daher der Vitamin-D-Status geprüft und ein mögliches Defizit zügig behoben werden.
Biesalski betont, dass Vitamin D kein Medikament sei, das COVID-19-Erkrankungen heile. „Doch man kann damit positiv auf den Krankheitsverlauf einwirken.“ Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, empfiehlt der Mediziner dennoch nicht; er rät primär dazu, öfter an die Sonne zu gehen. Andere Ärzte sind da schon offensiver. So gibt Dr. med. Wolfram Kersten, Facharzt für Innere Medizin und Naturheilverfahren aus Bamberg, Dosierungsempfehlungen für Vitamin D, die nur mithilfe von entsprechenden Präparaten zu realisieren sind.
Kersten führt an, dass sich Vitamin-D-Rezeptoren auf nahezu allen Geweben, speziell aber auch auf NK-Zellen (natürlichen Killerzellen) befinden. Hohe D3-Dosierungen besäßen die Fähigkeit, diese „Virentöter“ massiv zu aktivieren. Zudem stellt er heraus, dass Vitamin D verschiedene Immunzellen und Atemwegszellen zu vermehrter Bildung von hochpotenten, antimikrobiellen Peptiden stimulieren könne. Peptide sind Moleküle, die aus miteinander verknüpften Aminosäuren aufgebaut sind. Sie schützen, nach Angaben des Arztes, die Lunge wie ein körpereigenes Antibiotikum vor Infektionen mit Bakterien und Viren.
Saftige Gegenmaßnahmen
Neben D3 ist auch Aroniasaft ein mitunter erwähntes Mittel im Kampf gegen Corona. Einer der Mediziner, die das Produkt empfehlen, ist Professor Bernhard Uehleke aus Berlin. Er beruft sich dabei auf eine aktuelle deutsche Laborstudie. Untersucht wurden die Wirkungen von Aroniasaft, Granatapfelsaft und von grünem Tee auf das Coronavirus Sars-CoV-2 sowie auf zwei Influenzaviren. Alle Viren wurden mit den Lebensmitteln konfrontiert und erwiesen sich dadurch als angreifbar. Am wirksamsten war dabei Aroniasaft. Auch wenn die Ergebnisse durch weitere Forschungen abgesichert werden müssten, sei denkbar, dass Gurgeln mit den getesteten Mitteln, und dabei speziell mit Aroniasaft, die Viruslast in der Mundhöhle mindern und dadurch die Virusübertragung verringern kann.
Besonders Menschen, die Magensäureblocker einnehmen, sollten Aroniasaft nutzen. Blocker beeinträchtigen die virenzerstörende Funktionsweise von Magensäure und -saft, sodass es Erregern wesentlich leichter fällt, die Schleimhäute des Verdauungstraktes lebendig zu erreichen. Dies kann das Risiko eines schweren Infektionsverlaufs verachtfachen. Uehleke rät, Mund- und Rachenraum mindestens morgens und abends rund eine Minute kräftig zu durchspülen und anschließend den Saft herunterzuschlucken. Mit Gurgeln geht’s dem Virus also vielleicht an die Gurgel.